Nationalparkleitung plädiert für Denken in längeren Zeiträumen

Die Landtagsabgeordnete Katrin Schindele informierte sich im Nationalpark Schwarzwald über den Umgang mit den Thematiken Borkenkäfer, Hochwasser- und Waldbrandgefahr, denn die Herausforderungen für den Wald in der Region sind groß. Hohe Temperaturen bis in die letzten Wochen hinein und Trockenheit erhöhten die Waldbrand- und Hochwassergefahr und waren Grundlage für eine sehr dynamische Borkenkäferentwicklung. Im Nationalpark möchte man Prozesse grundsätzlich der Natur überlassen. Doch auch hier betont die stellvertretende Nationalparkleitung Frau Dr. Böhr, dass es Pläne und Konzepte braucht, um auf die verschiedenen Bedürfnisse, nicht nur des Waldes, sondern auch die der Gemeinden und der Menschen vor Ort eingehen zu können. Dabei braucht es einen Spagat zwischen unterschiedlichen Gesetzesvorgaben, um die Erfüllung meistern zu können. Insgesamt braucht es auch im Nationalpark Maßnahmen im Wald, die auf das Notwendige begrenzt werden. Für die Umsetzung erweisen sich unter anderem dezentrale betriebliche Arbeitsstätten, sogenannte „Nationalpark Stützpunkte“, aufgrund ihrer Verteilung als notwendig und ideal. Die Hoffnungen vieler Gemeinden vor Ort über das Ausmaß der Investitionen, gerade in Bezug auf „Rangerstationen“, haben sich jedoch an einigen Stellen noch nicht erfüllt. Auch die Nationalparkleitung sieht noch Verbesserungspotential etwa bezüglich der Themen, Arbeitsschutz, Ausstattung und Infrastruktur, gerade für die betrieblichen Stützpunkte, an welchen das Land über den Landesbetrieb „Vermögen und Bau“ beteiligt ist.

„Im Wald steckt die Vielfalt im Detail, wie etwa im Hinblick auf unterschiedliche Baumarten und Waldstrukturen. Im Nationalpark ist die Fläche in Kernzone, Entwicklungszonen und Managementzonen unterteilt. Für den Umgang mit diesen Zonen sind unterschiedliche Rahmenbedingungen und Vorgaben in Bezug auf die Möglichkeiten von Maßnahmen zu beachten. Vor dem Hintergrund der klimatischen Veränderungen kann keiner die Entwicklungen auf der Waldfläche vorhersagen. Dennoch müssen wir uns mit den möglichen Auswirkungen auseinandersetzen und angemessen vorbereiten. Der Nationalpark Schwarzwald ist unter anderem über die Fläche mit der Region verbunden und der Schutz von Leib und Leben der Menschen steht an erster Stelle“, sagte Dr. Simone Beck, Leiterin des Fachbereichs für Wald und Naturschutz.

Beim Besuch wurde sichtbar, wie sich die Auswirkungen durch den Klimawandel aktuell in einer erhöhten Dynamik der Borkenkäferentwicklung zeigen. Mit der Einrichtung des Nationalparkes Schwarzwald wurde ein Puffer zu angrenzenden Waldbesitzern eingerichtet. In diesem Pufferstreifen wird ein intensives Borkenkäfermanagement von ForstBW, der Nationalparkverwaltung und der Stadt Baden-Baden durchgeführt. Die eigens für dieses Management entwickelte Borkenkäfer-App ermöglicht es den Experten, befallene Bäume bei regelmäßigen Begehungen digital zu markieren, die Informationen zusammenzuführen und so eine möglichst schnelle Entnahme gewährleisten zu können.

Die Landtagsabgeordnete konnte sich dabei vor Ort ein Bild über die Funktionsweise der App und die ausgeführten Waldarbeiten machen, welche durch den Nationalpark Gebietsleiter Tim Tschöpe und den Nationalparkfachwirt Patrick Schmidt des Nationalparks erläutert wurden. In diesem Jahr hat die Borkenkäferentwicklung eine Dynamik angenommen, die ausgelöst durch die hohen Temperaturen, für die Höhenlagen des Schwarzwaldes außerordentlich war. Zusätzlich zum Management der Borekenkäferentwicklung im Pufferstreifen können bei besonderen Situationen wie Schneebruch, Sturm, Massenvermehrung, innerhalb der Entwicklungszone „situativ“ weitere Maßnahmen zum Umgang mit der Borkenkäferpopulation durchgeführt werden. Die Möglichkeit der Umsetzung dieser Maßnahmen liegt in der Abwägung mit naturschutzrechtlichen Vorgaben.

„Normalerweise dauert die Hauptsaison für das Borkenkäfermanagement von April bis September, in diesem Jahr war sie jedoch länger. Sowohl Personal, als auch Maschinen waren im Dauereinsatz. Daneben konnten im situativen Borkenkäfermanagement manche Bäume dabei aufgrund naturschutzrechtlicher Vorgaben, etwa wegen geschützten Vogelpopulationen, nicht gefällt werden, was den angesprochenen Spagat verdeutlicht“, so Gebietsleiter Tim Tschöpe.

„Aufgrund der Vielfältigkeit der Rahmenbedingungen bedarf es auch einer erhöhten Kommunikation, vor allem mit den Menschen vor Ort, aber auch mit den Gästen von auswärts. Der Nationalparkrat ermöglicht einen engen Austausch mit den Gemeinden und Verantwortlichen vor Ort, während Kooperationen mit spezifisch ausgewählten Partnerschulen und -kindergärten die Thematik rund um den Nationalpark bereits im Unterricht aufgreifen. Weiter bieten geschulte Nationalparkranger und -pädagogen Führungen und Angebote im Rahmen einer Wildnispädagogik für jedes Alter an,“ ergänzte Dr. Britta Böhr aus der Nationalparkleitung das Aufgabenspektrum im Park insgesamt.
Neben der Entwicklung der Rotwildpopulation informierte sich die Landtagsabgeordnete spezifisch auch über die Thematiken der Waldbrand- und Hochwassergefahr, welche durch den besonders trockenen und warmen Sommer in den vergangenen Monaten neuen Aufwind erfuhr.

„Der Umgang mit diesen Themen steht und fällt mit einem durchdachten Wegenetz. Das Wegenetz dient der Erreichbarkeit der Flächen, für das Besuchermanagement, die Lenkung von Besucherverkehr und ist natürlich von zentraler Bedeutung und für Rettungskräfte und Bevölkerungsschutz in teilweise unwegsamem Gelände. In Bezug auf den Umgang mit möglichen Waldbrandrisiken stehen wir im Austausch mit Feuerwehr, Bergwacht und Polizei, um eine Bestandsaufnahme und Priorisierung der zu schützenden Bereiche vornehmen zu können und uns mit gemeinsamen Waldbrandübungen bestmöglich vorzubereiten,“ erläuterte Dr. Beck.

„Die Hochwasser- und Waldbrandgefahr hat nicht nur bei uns und auch nicht erst seit diesem Jahr zugenommen. Gerade aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen und gesetzlichen Vorgaben, aber auch aufgrund teilweise weniger zugänglicher Gebiete bei gleichzeitig dichter Besiedlung, nimmt der Bevölkerungs- und Katastrophenschutz im Nordschwarzwald einen besonderen Stellenwert ein. Es freut mich daher sehr, dass die Zusammenarbeit mit den regionalen Einrichtungen intensiviert wird und am 19.11. November eine geplante Brandübung im Nationalparkzentrum und im kommenden Jahr eine Waldbrandübung auf der Fläche abgehalten wird,“ so Katrin Schindele abschließend.

Foto v.l.: Horst Medel (Gemeinderat Baiersbronn), Erwin Zepf (Murgschifferschaft), Tim Tschöpe (Gebietsleiter), Dr. Britta Böhr (stellvertretende Nationalparkleitung), Katrin Schindele, Dr. Simone Beck (Fachbereich für Wald und Naturschutz)

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